Der in Oberschlatt wohnhafte 15-jährige Swen Rüesch absolvierte die rund 365 Kilometer lange Strecke von Genf nach Kreuzlingen mit dem Rennrad anlässlich einer Projektarbeit in der Schule.
Oberschlatt – Die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklasse von der Schule Elsau-Schlatt mussten eine Arbeit mit dem Motto «Ebnet Jugend forscht» präsentieren. Swen Rüesch machte seinen grossen und längst gehegten Kindheitstraum wahr und fuhr mit dem Rennrad praktisch ohne Pausen innerhalb von 20 Stunden von Genf bis nach Kreuzlingen.
Umsetzung von einem Traum
Der 15-Jährige liebt die sportlichen Herausforderungen und testet auch gerne seine Grenzen. Was liegt da näher, als sich diesen Traum anlässlich der Abschlussarbeit zu erfüllen? Gesagt – getan.
Vorbereitung bis ins letzte Detail
Eine solche Tour muss selbstverständlich gut vorbereitet sein. Die Rennrad-Tour bereitete Swen Rüesch mit Komoot vor, einer App, auf welcher er sämtliche Trainingstouren ebenfalls vorgängig plante. Nebst dem Training spielten auch die Ausrüstung, die Sicherheit und die optimale Ernährung eine Rolle. Ebenfalls die Begleitung musste sichergestellt werden. Die Eltern von Swen erklärten sich bereit, ihn mit dem Auto zu begleiten.
Im Frühjahr 2020 kaufte sich Swen Rüesch ein Occasion-Rennrad. Dazu kamen Klickschuhe, ein starkes Licht, ein Täschchen und Velokleider. Bei seinem jetzigen Lehrmeister Edi Kägi, 2-Rad-Center in Elgg, wurde Rüesch nebst der persönlichen Beratung auch gleich fündig für alles, was er für die Tour benötigte.
Die Routenplanung stellte den jungen Mann vor eine grosse Herausforderung. «Ich suchte einen Weg mit möglichst wenigen Kilometern und wenigen Höhenmetern.» An zwei Sonntagen fuhr Swen Rüesch je rund die Hälfte der Strecke ab. «Danach änderte ich die Strecke an vielen Orten noch ab, um optimaler zu fahren. Zudem konnte ich am Tag X viel Zeit einsparen, da ich bereits wusste, wo ich durchfahren musste. Zudem bekam ich hilfreiche Tipps von Verwandten und Bekannten.»
Lange Trainingseinheiten
Das Training beinhaltete einen wichtigen Teil der Abschlussarbeit. Swen Rüesch erstellte einen Trainingsplan, den er durch die vielen Trainings immer wieder anpasste. «An den Wochenenden unternahm ich oft Trainingstouren mit einer Länge von 200 und 300 Kilometern. Oftmals begleitete mich auch mein jetziger Arbeitskollege Lukas Blaser, welcher mir hilfreiche Tipps gab.» Dann folgte ein Übertraining. Auf einer Tour von Olten nach Romanshorn spürte Swen Rüesch nur gerade zweieinhalb Wochen vor der grossen Tour von Genf nach Kreuzlingen heftige Schmerzen im Knie. Das Knie brauchte eine Ruhepause. Ein Arztbesuch ergab viele Ursachen wie das Wachstum, die extrem hohen Belastungen an jedem Wochenende und unter der Woche das Unihockey-Training sowie der Schulsport.
Begleitfahrzeug mit Nahrung und Getränken
Ein wichtiger Punkt war auch die Begleitung der Eltern Kathrin und Ueli Rüesch mit dem Auto. «Es gab mir auch Sicherheit, da ich immer wusste, dass bei einem Notfall jemand in der Nähe war. Zudem konnte ich immer auf die Nahrung und die Getränke zurückgreifen. So konnte ich die Fahrt mit nur wenig Gepäck vorbereiten.»
Die Ernährung während der langen Tour spielte eine sehr hohe Rolle, verbrauchte Swen Rüesch doch in jeder Stunde rund 800 Kalorien. «In den ersten Stunden ernährte ich mich mit Bananen und Riegeln, später mit Isostar-Getränken, welche wichtige Mineralien, Vitamine und auch Salz enthielten. Zudem musste ich jede Viertelstunde ein bis zwei Deziliter trinken.» Während den langen Trainings im Vorfeld konnte sich Swen Rüesch an diese Getränke und Ernährung gewöhnen.
Reise nach Genf
Bereits die Nächte vor der grossen Tour schlief Swen Rüesch schlecht. Umso mehr beunruhigten ihn die Wetterbedingungen am Abend vor der Tour. Gewitter könnten aufziehen und die Biese bliess, also Gegenwind. Eine Erkältung, die Nervosität und die Sorge, ob das Knie halten wird, machten es auch nicht einfacher. Trotzdem startete er optimistisch zu seinem grossen Abenteuer.
Am Vorabend um 20.30 Uhr startete Rüesch sein Abenteuer mit der Zugfahrt von Winterthur nach Genf. Es regnete in Strömen! Die Hoffnung, im Zug schlafen zu können, erwies sich als falsch. «Meine Nervosität und Aufregung hielten mich während der ganzen Reise wach.» Um 01.15 Uhr erreichte er die Stadt Genf. Es konnte los gehen!
Knieschmerzen als Begleiter
Um halb zwei Uhr in der Nacht fuhr Swen Rüesch mit seinem Rennrad los. Die Stadt war hell beleuchtet, was ihn freute. Schnell kam er Dank wenig Verkehr aus der Stadt heraus. Den gefühlt 1000 Mal gehörten Rat, nicht zu schnell zu starten, befolgte er. Dank dem Kartenmaterial auf dem Handy konnte sich Rüesch unterwegs auch einige Male orientieren. «Ich kam gut voran und war überhaupt nicht müde.» Es war nass und neblig, erst in Yverdon, also morgens um halb sechs Uhr, löste sich der Nebel auf. Voller Tatendrang fuhr Rüesch bei einer Ampel bei orange vorbei und trat kräftig in die Pedale. Genau in diesem Moment kamen die Schmerzen wieder zurück. Glücklicherweise vergingen diese dann aber wieder.
Kurz nach sechs Uhr früh traf Swen Rüesch in Estavayer seine Mutter, welche alles Notwendige wie Ersatzkleidung, Nahrung, Ladegeräte, Getränke und natürlich viel Motivation dabei hatte. Das Knie cremte er nochmals ein und machte sich auf den weiteren Weg.
Pause in Biel
Nach rund 40 Kilometern verstärkten sich die Schmerzen im Knie wieder. In Biel traf Rüesch wieder auf seine Mutter, wo er eine längere Pause einlegte. Frisch ausgerüstet mit Getränken und Esswaren und eingecremtem Knie ging es dann wieder los. «Die Pause tat gut, mein Knie schmerzte weniger, dafür umso mehr mein Hinterteil bei der Weiterfahrt.»
Mit Zeitrückstand fuhr Swen Rüesch in Solothurn ein. «Die Behandlung vom Knie und die Dehnübungen beanspruchten Zeit, welche ich in meinem Zeitplan nicht berücksichtigte.»
Zweifel kamen auf
Weiter ging die Fahrt etwas langsamer, um das lädierte Knie zu schonen. Es kamen grosse Zweifel auf, ob Rüesch die Strecke mit den Schmerzen im Knie überhaupt durchstehen kann. Aber er gab nicht auf.
Bis nach Olten ging es dann mit weniger Schmerzen im Knie. «Das gab mir Hoffnung und viel Motivation. So merkte ich kaum, dass ich in der Zwischenzeit bereits 230 Kilometer zurückgelegt hatte.» Alle zwei bis drei Stunden gab es ein Treffen mit seiner Mutter, damit die Getränke und Esswaren aufgefüllt werden konnten.
Harte Stunden bis nach Kreuzlingen
Bis nach Baden kämpfte Swen Rüesch mit extremem Gegenwind. «Ich verlor meinen Willen nicht und wollte es einfach durchziehen, so gelangte ich mit grossem Energieaufwand nach Baden. Die Fahrt nach Bülach war dann wieder um einiges angenehmer, da der Gegenwind nachliess. Doch die Beine begannen zu brennen. Zum Glück wartete seine Mutter in Bülach. Sie war gut vorbereitet und gab Swen Magnesium. Mit einer Creme gegen Muskelkater behandelte er seine Beine. «Zum Glück zeigte dies schon nach kurzer Zeit eine positive Wirkung und meine Muskeln beruhigten sich wieder ein wenig.»
Willkommene Begleitung
«Spontan entschied ein Kollege, mich in Seuzach zu treffen und dann mit mir gemeinsam den letzten Teil der Strecke zu fahren. Das war Motivation pur und half mir sehr. Ab Frauenfeld stiess dann auch noch Lukas Blaser aus Aadorf dazu.» Zudem begleitete ab diesem Zeitpunkt der Vater von Swen Rüesch im Begleitauto die Velofahrer. Das Ziel kam immer näher! Somit stiegen die Motivation und die Freude. «Obwohl ich meine Beine kaum mehr spürte und mein Hinterteil sich anfühlte, als sässe ich auf einer Raffel, erreichten wir um 21.30 Uhr Kreuzlingen. Es war ein unglaubliches Gefühl und ich war sehr stolz auf mich, es geschafft zu haben.»
Lernen aus Fehler
Das viele Training führte bekanntlich zu Knieschmerzen. Dazu Swen Rüesch: «Ich möchte aus meinem Fehler lernen und deshalb werde ich bei einem nächsten grossen Projekt weniger trainieren und auf die Signale meines Körpers hören. Zudem konnte ich aus diesem Projekt sehr viel lernen. Ich eignete mir eine viel sicherere Fahrweise an und befinde mich in der Lage, ein schnelles Tempo konstant zu halten. Ich lernte auch zielführende Methoden, um eine solche Tour vorzubereiten und bis ins Detail zu planen. Ich bin mit meiner Leistung sehr zufrieden und mir bereitete die Tour trotz den Schmerzen sehr viel Spass», folgerte Swen Rüesch.
Text von Brigitte Kunz-Kägi
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